Freie Songentfaltung auf endlosen Highways

Das zweite Studioalbum des Liverpooler Duos King Hannah verarbeitet die Erfahrungen einer ausgedehnten US-Reise und ist vollgepackt mit popkulturellen Verweisen.

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10. Juni 2024

Craig Whittle & Hannah Merrick sind King Hannah. (c) Katie Silvester

Die gebürtige Waliserin Hannah Merrick und der Gitarrist Craig Whittle bilden zusammen das Duo King Hannah. Mit ihrem 2022 veröffentlichten Debütalbum „I’m Not Sorry, I Was Just Being Me“ überzeugten sie mit einem Genre-Mix aus Folk, Blues, Postrock und Dreampop und einem stimmigen Nebeneinander von unaufgeregter Dösigkeit und fiebriger Dringlichkeit. Auf ihrem eben erschienenen zweiten Album, „Big Swimmer“, haben die beiden ihr musikalisches und inhaltliches Spektrum noch einmal erweitert und verfeinert.

King Hannah: Big Swimmer (City Slang)

Erneut changiert das kongeniale Duo gekonnt zwischen unterschiedlichsten Genres – zu den vom Debütalbum bekannten wie Folk, Blues, Postrock und Dreampop gesellen sich dieses Mal noch Grunge, Americana, Country, Stonerrock und klassischer Indierock – und verfeinert das dynamische Wechselspiel aus laut/leise, gelassen/getrieben und atmosphärisch/bedrohlich.

Inhaltlich dreht sich fast alles um eine ausgedehnte US-Reise. Die dabei gesammelten Erfahrungen und Eindrücke lassen Merrick & Whittle in elf Songs fließen, die neben Reiseeindrücken, Beobachtungen und assoziativen Gedanken auch mit einer Vielzahl von popkulturellen Verweisen aufwarten. Dabei stehen atmosphärische Schilderungen endloser Highways, von Tankstellen, Wasch-, Sandwich- und Getränkeautomaten neben Momentaufnahmen von MOMA-Besuchen und namentlichen Verweisen auf allerlei US-Vorbilder und Inspirationsquellen wie Bill Callahan, John Prine, Slint oder Matthew McConaughey (Dallas Buyers Club).

Hypnotische Noise-Momente

Wie das Liverpooler Duo den schwierigen Spagat zwischen Slacker-Habitus, fiebriger Dringlichkeit, lakonischer Folkrock-Gelassenheit und hypnotischen Noise-Momenten schafft, ist ziemlich beeindruckend. Wie auch ihre sehr freie Interpretation des Formats Song, die ausufernde, psychedelisch eingefärbte wie assoziativ-mäandernde Nummern zulässt und auf jegliche Smartphone-taugliche Formatoptimierung verzichtet.

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Sharon Van Etten steuert als Gastsängerin auf dem titelgebenden „Big Swimmer“ und dem melodiösen „This Wasn’t Intentional“ ihre betörende Stimme gleich zwei Mal bei. Wollte man versuchen, alle Vorbilder, Genres, Einflüsse und Inspirationsquellen des Albums zu kommentieren, würde das den Rahmen einer Albumbesprechung sprengen. „Big Swimmer“ enthält aber definitiv eine John Prine-Hommage im Americana-Stil („John Prine On The Radio“), einen Wüstenrock-Song mit Neil Young-Momenten („Somewhere Near El Paso“), eine stilsichere Bill Callahan-Würdigung („Suddenly, Your Hand“), einen an Sonic Youth erinnernden Song („Milk Boy (I Love You)) und mit „New York, Let’s Do Nothing“ einen gelungenen musikalischen Tribut an The Velvet Underground.

Live: Am 22.9. in Wien (Fluc/Fluc Wanne)

Craig Whittle & Hannah Merrick sind King Hannah. (c) Katie Silvester