Kalifornische Schotten

Mehr als „a guilty pleasure“: Travis, die Band aus Glasgow, schwelgt auch auf ihrem zehnten Album, „L.A. Times“, trotz dunklerer Themen in Melodien und Harmonien.

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18. Juli 2024

Travis: L.A. Times (BMG / Warner)

Wer kennt sie nicht, die heimlichen Vorlieben für Bands, die etwas peinlich sind und zu denen man sich nur ungern öffentlich bekennt. Turin Brakes, Crowded House, James, Del Amitri – die Aufzählung von derlei „guilty pleasures“ könnte man fast endlos fortsetzen. Auch die schottische Band Travis fällt für viele unter diese Kategorie. Dabei liefert das Quartett seit mittlerweile drei Jahrzehnten verlässlich einnehmende Musik ab, die dem Hörer für kurze, kostbare Momente Linderung vom mühsamen Alltag verschafft. Schönheit und Harmonie stehen hier selbstbewusst im Mittelpunkt, durchzogen von feiner Melancholie. Chronische Krankheiten, todbringende Süchte, schockierende Ereignisse bleiben dabei meist ausgespart – diese Musik lenkt ab, baut auf, tröstet und inspiriert – oder setzt sich das zumindest zum Ziel.

Warum dieser Spielart von Popmusik noch immer ein spezieller Hautgout zugeschrieben wird, erstaunt und bleibt rätselhaft. Dabei zählt die Kunst, Pop-Songs von zeitloser Güte zu produzieren, zu den schwierigeren Aufgaben. „The Man Who“, die zweite Platte von Travis aus dem Jahr 1999, gilt bis heute als beinahe perfektes Pop-Album – und Songs wie „Turn“, „Driftwood“ oder „Why Does It Always Rain On Me?“ als Paradebeispiele für Songs, die besonders gelungen Erinnerungen aufleben lassen und positive Emotionen wecken.

Die Band aus Glasgow beweist auf ihrem nunmehr zehnten Album, „L.A. Times“, dass sie diese Kunst nicht verlernt hat. Das Albumcover ziert ein Foto der Bandmitglieder vor der Skyline der kalifornischen Metropole, wo Sänger und Frontman Fran Healy seit Jahren wohnt. Mit ihrem unverbrauchten Hang zur Melancholie umgarnen und umarmen sie uns Hörer wie stets mit sanfter Freundlichkeit und wohlig-warmen Klängen.

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Allerdings ziehen in diese Platte auch dunklere Seiten menschlichen Lebens thematisch ein, wie sie der nunmehr rothaarige Healy u.a. in seiner neuen Heimat erfahren & erleben musste – und die etwa auch in dem als Single ausgekoppelten „Gaslight“ zum Ausdruck kommen. (Den Titelsong mit Healys Sprechgesang-Versuchen und Reimen a la „house“ auf „mouse“ kann man als einzigen übrigens rasch vergessen). Der Rest des Albums überzeugt musikalisch wie gewohnt mit sanftem, eingängigem Indiepop und Akustik-Folk.

Das Aufspüren und Ansprechen von Sehnsüchten ist und bleibt die große Stärke von Travis. Anspieltipps: „Bus“, „Alive“, „The River“ und „Live It All Again“.

Travis: L.A. Times (BMG / Warner)