Ein Statement, Rufzeichen
Nenne sie nur ja keiner mehr „Das Model, das auch Musik macht": Suki Waterhouse will es mit ihrem neuen Doppelalbum „Memoir Of A Sparklemuffin" ganz genau wissen.
Als die damals 30-jährige Londonerin Suki Waterhouse, bekannt aus Film, Fernsehen und Modezeitschriften, 2022 mit der LP „Can’t Let Go“ beim renommierten US-Indie-Label Sub Pop als Sängerin debütierte, war man überrascht über ihre Fähigkeiten: eine Stimme, die (in mehrerlei Hinsicht) Höhen und Tiefen kennt, noch frisch und doch schon lebenserfahren; Texte aus der Beziehungskiste – thematisch nicht originell, aber clever gedrechselt -, und hochkompetente, an amerikanischem Indie-Pop-Rock mit einem gelegentlichen Hauch von Folk und Country geschulte Musik, aus der man gelegentlich so große Vorbilder wie Sharon Van Etten oder Lucinda Williams heraushören konnte.
Wenn man’s wider alle Evidenzen damals noch nicht glauben wollte – Album Nummer 2, „Memoir of a Sparkemuffin“, macht’s nun deutlich: Diese Frau meint es ernst. Soll sie keiner ein „Model, das jetzt auch Musik macht“ nennen. Oder „eine Schauspielerin, die jetzt auch Musik macht“.
In einem Song auf der neuen Platte ist sogar sublime Verachtung für das glamouröse Umfeld, dem Waterhouse ihren Ruhm verdankt, herauszuhören: „Model, Actress, Whatever“ hat schon im Titel unterschwellig etwas Wegwerfendes, und schnöde Vergänglichkeit ist denn auch das Thema des Songs. Man liegt wohl nicht daneben, anzunehmen, dass Waterhouse im Musikmachen eine nachhaltigere Profession sieht, als Gesicht und Körper in Kameras zu halten.
„Memoir Of A Sparkemuffin“ ist eine Doppel-LP und deutlich avancierter, auch akzentuierter als sein Vorgänger. War das Debüt noch teilweise ein Abtasten und Position-Beziehen, so ist das hier der Rundumschlag nach dem Griff in die Vollen.
Dazu bedurfte Waterhouse allerdings auch der Hilfe vieler renommierter Kräfte aus der Szene um L.A., wo sie seit einem Jahr mit dem Schauspieler Robert Pattinson lebt und das Album aufgenommen hat – die letzten Monate hochschwanger in ihrem Heimstudio.
Mehr als ein halbes Dutzend Produzenten hat dieses Werk zusammengedrechselt. Zu ihnen gehören – als sogenannter executive producer – Eli Hirsch von der kalifornischen Indie-Pop-Band courtship., der auch viel instrumentale Arbeit an Gitarren, Bass, Keyboards und Percussion schupft, Jonathan Rado von Foxygen, Rick Nowels, der u.a. mit James Blake und Lana Del Rey gearbeitet hat, Brad Cook (Bon Iver, The War On Drugs), der schon bei „Can’t Let Go“ an den Reglern saß, und Jules Apollinaire. Letzterer ist Waterhouse auch beim Songwriting zur Hand gegangen – so wie auch seine Kollegin Natalie Findlay, mit der er das Duo Ttrruuces betreibt, oder Greg Gonzalez, Mastermind von Cigarettes After Sex.
Ein „Sparkemuffin“ ist eine Pfauenspinne. Sie ist, wie der Name indiziert, sehr farbenprächtig und ihr Paarungstanz ist für das Männchen eine gefährliche Angelegenheit. Ist das Weibchen damit unzufrieden, wird es getötet. Das fand Waterhouse eine passende Metapher für ihre Geschichten, die auch viel mit Risiken der Liebe zu tun haben, sprich: der Gefahr, in toxische Beziehungen zu geraten.
Im musikalisch hübschen, spielerisch Richtung Synthi-Pop orientierten „Blackout Drunk“, dem dramatisch zugespitzten „OMG“ oder dem melodiös effektvoll austarierten, Country-Rock-infiltrierten „Think Twice“ weiß sie im wahrsten Wortsinn ein Lied davon zu singen.
Weitere Höhepunkte sind „Gateway Drug“ als gleichermaßen gefühlvoller wie heftiger Einstieg in die Platte, der leichthändig heruntergebretterte Stadion-Rock-Kracher „Supersad“, und das lässige „Nonchalant“, bei dem Waterhouse in den tieferen Lagen fast wie Angel Olsen klingt.
Natürlich ist „Sparklemuffin“ zu lang und es finden sich unter den 18 Songs unvermeidlich auch manche Langweiler. Aber es ist eben nicht nur eine Platte, sondern ein Statement – und als solches ein starkes Zeichen. Ein Rufzeichen.
Man liegt wohl nicht daneben, anzunehmen, dass Waterhouse im Musikmachen eine nachhaltigere Profession sieht, als Gesicht und Körper in Kameras zu halten.