Es geht lustig abwärts

Mit Galgenhumor und Stil-Vielfalt begegnet Mia Berrins Band Pom Pom Squad auf ihrem neuen Album „Mirror Starts Moving Without Me“ den Erwartungen, die ihr vielgelobtes LP-Debüt ausgelöst hat.

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25. Oktober 2024

Pom Pom Squad: Mirror Moves Without Me (City Slang)

Schon mit den ersten EPs war klar, dass mit dieser Band zu rechnen sein würde. Ohne mit ihrem gitarrendominierten, von Punk, Hardrock und Früh-60er-Girls-Pop à la Shangri-Las infiltrierten Indie-Rock das Rad neu erfunden zu haben, konnten Pom Pom Squad mit ihrem Full-Length-Debüt „Death Of A Cheerleader“ eines der bemerkenswerten Alben des Jahres 2021 verbuchen.

Es waren konzeptionelle Komponenten, mit denen das Brooklyner Quartett punktete: Der Titel „Death Of A Cheerleader“ ist identisch mit dem eines amerikanischen True-Crime-TV-Films von 1994; das „Pom Pom“ im Bandnamen bezeichnet den Outfit von Cheerleadern. Und Mia Berrin, Sängerin, Songschreiberin, Gelegenheits-Gitarristin und Co-Produzentin der Pom Pom Squad, pflegte just in diesem Outfit aufzutreten.

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Die prominente Konzentration auf die Kunst junger Mädchen, vor (meist) sportlichen Großereignissen mit körperlicher Akrobatik und guter Miene zum (…) Spiel Stimmung zu machen, hatte einen gewünschten dramaturgischen Effekt: Darin spiegelten sich gesellschaftliche Erwartungshaltungen an Frauen (dass sie sich für ein „größeres Ganzes“ – die Familie, die Karriere des Mannes etc. – aufzuopfern hätten).

Diesen Erwartungshaltungen setzt die Geschichte Berrins als queere woman of color sowohl natürlich wie auch ideologisch einen Kontrapunkt. Und der teilweise spielerische Umgang mit solchen Rollenklischees verleiht dem LP-Erstling der Pom Pom Squad einen Charme, der bei so agitierten Platten nicht selbstverständlich ist.

Eine potentielle Bilderbuch-Ikone des Indie-Rock: Mia Berrin (© City Slang)

Album Nr. 2, gerade herausgekommen und „Mirror Starts Moving Without Me“ betitelt, musste unter solchen Umständen freilich eine schwierige Übung sein. Pom Pom Squad meistern sie mit Bravour. Ja, ein paar Jota Charme sind auf der Strecke geblieben – stilistische Vielfalt und Tiefe dafür gewonnen worden.

Obwohl Berrin, eine potentielle weibliche Bilderbuch-Ikone des Indie-Rock, bei diesem Album mehr Songwriting-Kompentenzen geteilt hat als bei „Death Of A Cheerleader“, findet sie es ihre „bislang klarste Destillation meiner künstlerischen Stimme“, wie sie in einem Interview mit dem Style-, Unterhaltungs- und Musikportal Nylon verlauten lässt.

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Die Musiksprache ist zugleich austarierter wie auch zugespitzt. „Villain“ etwa, das inhaltlich anmutet wie eine sinistre Rache-Phantasie, wird als Rap mit aufbrausendem Industrial-Rock-Donner performt. „Tarot Interlude“, das mit der an- und die LP abschließenden, von heftigen Gitarren interpunktierten Ballade „Tower“ eine von Entwurzelung und Entfremdung erzählende inhaltliche Schicksalsgemeinschaft eingeht, ist nur gesprochener Text mit abstrakter Klavierbegleitung und etwas sphärischem Wischen. Synth-Pop wiederum bricht sich Bahn in „Running From Myself“; in „Spinning“ prallen laute Passagen spektakulär auf Breaks und differenzierte Zwischentöne.

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Die anderen Songs wandeln mit allen Tempo-Variationen von langsam über mittel bis schnell auf mehr oder weniger vertrauten Rock-Pfaden, aber die Kontraste sind geschärft und die Akzente hervorgehoben: Im lässig rockenden Opener „Downhill“, in dem, wie der Titel andeutet, alles und vor allem die Verfassung der Protagonistin den Bach runtergeht, lässt schon Berrins eigentümlich unaufgeregte Intonation den Galgenhumor spüren, der schließlich auch in den Text einfließt: „Get in, we´re going down fucking hill.“

Ergreifend dagegen die Ballade „Everybody´s Moving On Without Me“, eine elegische Erinnerung an frühere Freunde, die eine just in ihrer No-na-Logik besonders schöne Textzeile enthält: „Saw my own reflection on the TV / staring down at me from outside of my body“.

Und wirklich anrührend ist, wie die 26-jährige Mia Berrin mit ihrer gleichermaßen noch Reste von Kindlichkeit wie auch schon resignative Lebenserfahrung ausstrahlenden Stimme in Begleitung akustischer Gitarren und Streichern in „Montauk“ das New Yorker Luxus-Refugium Long Island erlebt: „Don’t think tomorrow will go how we planned / I see the shadows of clouds on the sand“.

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Pom Pom Squad: Mirror Moves Without Me (City Slang)