Die Schnösel unseres Vertrauens

... und weitere heimische Größen von OSKA bis Tobias Pötzelsberger lassen in diesem Frühjahr eindrucksvoll von sich hören. Eine Auswahl.

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17. Mai 2024

Ergreifender Sehnsuchts-Pop: Maria Burger alias OSKA. © Manuel Hauer

In der ungebremst umtriebigen österreichischen Pop-Szene ist gegenwärtig das Phänomen zu beobachten, dass man sich mit abendfüllenden Veröffentlichungen eher zurückhält und kleinere Formate – EP, Maxi-Single, Single, Stream – forciert. Das hat nun allerdings den Benefit, dass gegenwärtig eine hohe Dichte an guten bis definitiv erstklassigen Songs unterwegs ist.

Comic Figure sind ein Projekt von Pauls Jets-Frontmann Paul Buschnegg und Tobias Hammermüller von den Laundromat Chicks. Zwei Songs, die auf einer 7“ (Siluh Records) vereinigt sind, hat diese Kooperation abgeworfen: „Sweet Song (Stanley Water Bottles)“ und „Dream Song (Again)“ – melodiegesättigter, wohltemperierter Pop mit sehr gut in Szene gesetztem Wechselgesang der beiden Protagonisten.

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Die aus dem Waldviertel stammende Sängerin Maria Burger alias OSKA ließ vom ersten per Trägermedium dokumentierten Ton an spüren, dass sie zu Großem befähigt ist. Ein LP-Debüt und etliche nationale und internationale Auszeichnungen später ist OSKA mit einem Vorboten auf ihr in London in Arbeit befindliches zweites Album zur Stelle: „April May July“ (Nettwerk) ist ein berückendes, Stück Sehnsuchts-Pop mit zart gezupfter Akustik-Gitarre und verwehter Hintergrund-Sphärik.

Kahlenberg präsentieren sich auf „Piccolo Grande“ (Affluenza Records) in Glam-Rock-Arrangement mit Sommerflair und Synth-Bläsern – und mit gebrochenen Herzen. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen, aber bei den Schnöseln unseres Vertrauens ist immer das große Ganze ins Visier zu nehmen – daher abwarten, wie die nächste LP angelegt ist.

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Bountydave nennt sich der Wiener Rapper David Hinterkörner, der sich intensiv mit persönlichen und gesellschaftlichen Problemen auseinandersetzt und dabei oft beides in Beziehung zueinander setzt. Für seine Doppelsingle „Lights Off / Stay Inside“ (Futuresfuture Records) hat er sich mit den Musikern Harry Dean Lewis und Lucas Oscar zusammengetan, um im Wechselspiel von energetischem Rap, pulsierenden Beats und melodiösen Kontrapunkten Identitäts- und Sinnkrisen zu verhandeln.

Melancholischer Dream-Pop

Ines Wurst folgt mit ihrer zweiten Single „Zufällig“ (Feber Wolle) den Spuren ihres vielversprechenden Erstlings „Schneeregen“: Sehr melancholischer Dream-Pop, toll gesungen, entfernt an Culk anklingend, aber weniger prätentiös und dafür etwas gefühliger. Der nächste Winter kommt bestimmt.

Die queere Linzer Sängerin kleinabaoho wiederum begibt sich mit „grüne Augen lügen“ (Feber Wolle) musikalisch eher auf die Fährte großer deutschsprachiger Indie-Bands der frühen Nuller-Jahre wie Wir sind Helden: Gut austarierter/temperierter Gitarren-Pop/-Rock; ein Versprechen für ihre im Juni erscheinende Debüt-EP.

Ungefähr zur Jahreswende veröffentlichte das Wiener Elektro-Post-Punk-Duo Laut Fragen das Album „Age Of Angst“. Daraus wurde nachträglich die spannende, apokalyptische, mit ihrer gemächlichen Klavier-Begleitung im gesprochenen Teil relativ atypische Single „Goldene Inseln“ (Numavi Records) ausgekoppelt und ist – wie der maßgebliche Rest – so nachdrücklich wie -träglich zu empfehlen.

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Von Leyya steht im August ein neuer Longplayer, „Half Asleep“, ins Haus. Der zwischen Drum N Bass und TripHop oszillierende Titelsong dazu ist bereits als Single in Umlauf. Nun schicken Sophie Lindinger und Marco Kleebauer drei weitere Songs (Ink Music) ins Rennen: das trotz agiler Percussion und agitierter Hintergrundstimme wegen Lindingers unerschütterlich-ruhiger Stimme gelassen klingende „Sometimes You’re Lonely“, das von einem kräftigen Bass grundierte, von sphärischen Synthies und Indie-Gitarre akzentuierte „Ease My Mind“ und ein kurzes Instrumental.

Pokerstars und Roulette Tisch

Die Linzer Indie-Band Schmack, die sich als Jazz für Leute, die Jazz nicht mögen, als schwer verdauliches Easy Listening, als Elevator-Music im verschwitzen Kellerclub – kurz: als Widerspruch in sich – versteht, hat mit Gastvokalisten bereits eine Reihe recht ordentlicher Songs über den Äther und die Weiten des Netzes geschickt. Deren jüngster, „Pokerstars“ (Seayou Records) mit dem Nürnberger Rapper Fritz Fisherman, ist nicht unbedingt ihr stärkster (da empfehlen sich eher die Indie-Ballade „Leslie“ mit Günther Paulitsch oder das vertrackte „Orchidée“ mit der in Berlin ansässigen weißrussischen Sängerin KOOB), entspricht andererseits aber recht gut ihrer kontradiktischen Standortbestimmung.

Schnulzen“ nennt die junge Vorarlberger Band mit dem nationalstolzbeladenen Namen Cordoba78 ihre erste EP. Der Titel entspricht natürlich nicht einmal in Ansätzen der Musik, die – in Österreich, zumal auf deutsch, ziemlich selten – Funk, Rock und Soul zu einem dichten und recht stimmigen Late-Night-Sound verquirlt. Mehrmals wird auf dieser EP mit Spiel-Metaphern, hantiert, so auch in der aktuellen Single „Roulette Tisch“ (Assim Records): „Ich bin nicht dein Roulette Tisch / und ich bin nicht dein Casino“.

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Ein ziemlich tolles, von Gitarren-Loops getragenes Stück Psychedelic-Rock liefert der aus der Steiermark stammende Sänger, Songschreiber und Gitarrist Bertram, der schon 2020 mit dem Album „Chamäleon“ ziemlich zu überzeugen vermochte. „Sonntag“ (Voller Sound) endet mit einer knackigen Coda: „Freuet euch mit mir / es ist ein Leichtes.“ Einverstanden, wir sind dabei!

12 Jahre hat es gedauert, dass Tobias Pötzelsberger musikalisch wieder von sich hören lässt. Die lange Pause ist natürlich nicht schwer zu erklären, ist der ehemalige Leader der Formation The More Or Less doch als Moderator und Politik-Journalist im ORF zu bundesweiter Bekanntheit, man kann ruhig sagen Starruhm gekommen. Nun kommt aber wieder die Musik zu ihrem Recht: Im Herbst bringt Pötzelsberger unter eigenem Namen eine neue LP mit dem Titel „Prudence“ heraus. Als Vorbote ist die Single „Carry you“ (Assim Records) erschienen: Inhaltlich eine Auseinandersetzung mit dem Vater-Sein, bleibt sie im Großen und Ganzen dem Folk-affinen Indie-Pop/Rock treu, den Pötzelsberger mit The More Or Less kultiviert hat. Was indes auffällt, ist eine erstaunliche Nähe zu Real Estate: Musik, die ihre – durchaus vorhandene! – Dynamik nicht aufdrängt und auch bei größeren emotionalen Bewegungen nicht aus dem Gleichgewicht gerät. Pötzelsberger tritt übrigens am 3.10. mit Band im Porgy & Bess auf

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