Inspirierte Autobiografie

Die Alternativrock-Ikone Kim Deal überzeugt auf ihrem ersten Soloalbum „Nobody Loves You More“ mit Spielfreude, Einfallsreichtum und einem spannenden Genre-Mix.

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8. Dezember 2024

Kim Deal: Nobody Loves You More (4AD / Beggars)

Wenn eine Musikerin mit dreiundsechzig Jahren ihr erstes Soloalbum veröffentlicht, hat sie möglicherweise schon Rockgeschichte geschrieben. Bei Kim Deal ist das zweifellos der Fall. Als Mitglied der Kultbands Pixies (an der Bassgitarre) und Breeders (Bassgitarre und Gesang) war sie mitverantwortlich für Hits wie „Gigantic“ und „Where Is My Mind“ (Pixies) oder „Cannonball“ (Breeders). Mit ihrer unverwechselbaren Art, die Bassgitarre zu spielen, war sie stilprägend.

Mehrere Entziehungskuren und längere künstlerische Pausen schadeten ihrem künstlerischen Ansehen keineswegs – und so überrascht(e) es auch nicht weiter, dass sie als eine der coolsten Frauen des Independent-Rock über Jahrzehnte hinweg präsent blieb und Generationen miteinander verbindet. Der Bogen reicht von Kurt Cobain und Nirvana – die Breeders waren 1993 zusammen mit Nirvana auf Tour – bis zu Olivia Rodrigo, mit der die Breeders in diesem Jahr auf Tour waren.

Fast vierzig Jahre nach ihren Anfängen bei den Pixies hat Kim Deal nun ihr erstes Soloalbum veröffentlicht. „Nobody Loves You More“ spielte sie mit der Unterstützung einer Vielzahl von musikalischen Mitstreitern aus Vergangenheit und Gegenwart ein: u.a. Steve Albini (der Teile des Albums produzierte), Zwillingsschwester Kelley Deal, Britt Walford, Mando Lopez und Jim Mac Pharson (Breeders), Raymond Mc Ginley (Teenage Fanclub), Jack Lawrence (Raconteurs), sowie Fay Milton und Ayse Hassan von den Savages.

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Die elf Songs sind autobiografisch inspiriert – besonders deutlich wird das bei „Are You Mine“, in dem die Musikerin die Alzheimererkrankung und den Tod ihrer Mutter verarbeitet, und bei „Summerland“, wo sie von den Winterferien mit ihren Eltern auf Florida Keys erzählt. Zu ihrer Familie hatte Deal immer ein besonders inniges Verhältnis – so zog sie sich einmal fast vier Jahre lang aus dem Musikbusiness zurück, um ihre kranken Eltern zu pflegen.

Rumpeliger Rock und Streicher

Das Album überzeugt mit Spielfreude, stilistischem Einfallsreichtum und einem spannenden Genre-Mix aus Indie-, Alternative-, Folk-, Noise- und Surfrock. Das musikalische Fundament bleibt zwar stets der alternative Rock-Entwurf mit energetisch-druckvollem Gitarre-Bass-Schlagzeug-Sound, wird aber mit Streicherarrangements, Mariachi-Bläsern, Pedal-Steel-Gitarre und Elektrobeats reichhaltig ausgeschmückt. So umfasst das stilistische Songspektrum typischen Alternative- und Indierock: „Wish I Was“ klingt wie ein musikalischer Hybrid aus Pixies und Eels, „Coast“ überzeugt mit melodiösem Lo-Fi-Tönen; der Titelsong, „Are You Mine“ und „Summerland“ erfreuen hingegen mit üppigen orchestralen Arrangements. „Come Running“ erinnert wiederum schroff, kantig und mit harmonischer Schieflage an The Velvet Underground, während Kim Deal bei „Crystal Breath“ auf lässige Weise rumpeligen Rock mit melodiösem Twang-Gitarrensound verknüpft.

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Im abschließenden Song des Albums („A Good Time Pushed“) bringt es die Alternativerock-Legende treffend auf den Punkt: „Now is the time for me to get what I want (…) We´re having a good time“. Ihre zeitlose Kunst und Besonderheit besteht, wie dieses Soloalbum überzeugend belegt, auch weiterhin darin, neue Schwerpunkte und interessante Akzente innerhalb klassischer (Song-)Konstruktionen zu setzen.

Kim Deal: Nobody Loves You More (4AD / Beggars)

Kim Deals zeitlose Kunst und Besonderheit besteht darin, neue Schwerpunkte und interessante Akzente innerhalb klassischer (Song-)Konstruktionen zu setzen.