Hilferufe aus dem Halbdunkel
Zwischen Verzweiflung und Schönheit: Das fünfte Album der britischen Singer/Songwriterin Nadine Shah
Nadine Shah, englische Singer-Songwriterin mit norwegisch-pakistanischen Wurzeln, steht seit ihrem Debütalbum „Love Your Dum And Mad“ (2013) für einen intensiven, dunklen, archaischen Sound, der vor allem ihre Mark und Bein durchdringende Stimme in den Fokus rückt. Eine Stimme, die so gut wie alle Lagen mit Kraft und Farbe bedient. Man hängt als Hörer quasi an Shahs Lippen und lauscht einer musikalischen Achterbahnfahrt, deren Mischung aus düster-atmosphärischen Klängen und Texten, die oft von Verletzungen und den Schattenseiten des Lebens handeln, mit Faszination und Verstörung.
Ihre Songs gleichen nicht selten emotionalen Hilferufen aus dem Halbdunkel, und Shah gelingt es mit tiefenpsychologischer Schärfe, persönliche Verletzungen in ihrer Musik zu verarbeiten. Bestechend ist dabei die Mischung aus Gefühl und Kraft, Dringlichkeit und Sanftheit, Verzweiflung und Schönheit. Die Kunst von Nadine Shah bevorzugt Extreme und ihre Stimme, zwischen wohltönend-samtig und eindringlich-schneidend, besitzt das Volumen dafür – auf das höchste Hoch folgt das tiefste Tief.
„Filfthy Underneath“, das wieder von ihrem Hausproduzenten Ben Hillier produzierte und arrangierte fünfte Studioalbum, ist das musikalisch abwechslungsreichste und inhaltlich heftigste ihrer bisherigen Karriere. Die schwierigen Pandemiejahre, der Krebstod der Mutter, ihre Scheidung und ein misslungener Selbstmordversuch fließen direkt in die Texte ein, die trotzdem nicht depressiv und hoffnungslos wirken und klingen. Das liegt auch am atmosphärisch-raumgreifenden, virtuos-vielschichtigen Sound, der weniger auf Gitarren als auf akzentuierte Beats und stimmige Synthesizer- und Keyboardklänge setzt und so Nadine Shahs beeindruckende Stimme noch besser zur Geltung bringt.