Suche nach einer versteckten Wahrheit

Eine Erinnerung an den großen Singer/Songwriter Bill Fay (1943 - 2025), der sich weder von karrieristischem Ungemach noch vom Alter das kindliche Staunen austreiben ließ.

Von
24. Feber 2025

Bill Faye in seinem Lebensraum in der Umgebung Londons © Mathew Parri Thomas

Karrieren wie diese hat’s im Pop-Business viele gegeben, nur finden sie selten einen so wunderlichen wie wunderbaren Finalteil wie im gegebenen Fall: In jungen Jahren wurde der Sänger, Songschreiber und Pianist Bill Fay als vielversprechendes Talent von einem großen Label (der nicht unbedingt für ihre menschenfreundliche Geschäftspraxis bekannten Decca-Tochter Deram) unter Vertrag genommen und nach zwei LPs Anfang der 70er Jahre gefeuert, weil sich der gewünschte Erfolg nicht einstellte.

Weitere Musik, die er geschrieben und aufgenommen hatte, wurde nicht mehr veröffentlicht – Fay, 1943 in London geboren, musste seinen Lebensunterhalt fortan mit außermusikalischen Jobs bestreiten.

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Nach 41 Jahren feierte er im Jahr 2012 mit Unterstützung von Wilco´s Jeff Tweedy sein Plattencomeback. Entfacht hatte es mittelbar in den späten 90ern die Wiederveröffentlichung seiner beiden Longplayer von 1970 und 1971, die außer ein paar neuen Fans auch die obligatorische prominente Anhängerschaft wie Nick Cave, Okkervil River´s Will Sheff, R.E.M.´s Peter Buck oder eben Jeff Tweedy generierte.

Danach hatte Fay eigentlich eine fast normale Alters-Karriere mit zwei weiteren LPs und weiterer Anerkennung – und da schlug jetzt die biologische Uhr an: Vor zwei Tagen ist Bill Fay 81-jährig in London gestorben.

Sein letztes Album „Countless Branches“ (2020) bleibt sein großes Vermächtnis: Meist nur vom eigenen Klavier oder gelegentlich einer akustischen Gitarre begleitet, zelebriert er mit lebensweise-brüchiger Stimme das Wunder des Lebens: „I´m filled with wonder once again“.

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Ein Staunen über – oft unscheinbare oder verborgene – Schönheit in seinem Umfeld zieht sich durch Fay’s Geschichten, die gerade in ihrer einerseits bescheidenen und andererseits doch bedingungslos sich selbst vertrauenden Reduktionsform gleichermaßen Rührung und Respekt hervorrufen: Wenn Fay eine ungekannte Macht (oder vielleicht uns alle) aufruft, doch bitte seine Ringelblumen nicht sterben zu lassen. Wie die Bäume des Familienstammbaums Echos in seinem Kopf auslösen. Sein Bekenntnis zur Region, in der er aufgewachsen ist und bleiben wird, um „eine versteckte Wahrheit“ zu suchen.

Möge er sie gefunden haben.

Bill Faye in seinem Lebensraum in der Umgebung Londons © Mathew Parri Thomas