Vergänglichkeit und verhüllte Schönheit
Das neue Album der japanischen Post-Rock-Band Mono leistet mittels melancholischer Klänge Trauerarbeit.
Am 7. Mai dieses Jahres verstarb der Gitarrist und Produzent Steve Albini im Alter von 61 Jahren (siehe dazu Bruno Jaschkes Nachruf auf dieser Plattform). Albini war nicht nur ein Weggefährte von Nirvana oder PJ Harvey, sondern auch langjähriger Begleiter der japanischen Band Mono, produzierte er doch deren Alben „Walking Cloud and Deep Red Sky, Flag Fluttered and the Sun Shined“ (2004), „Nowhere Now Here“ (2019) und war Co-Produzent beim letzten Album, „Pilgrimage of the Soul“. Auch das neue Album wurde noch von ihm aufgenommen und gemixt – und vielleicht liegt es daran, dass „Oath“ die elegischen Anfänge von „Walking Cloud …“ und die eher expressiven Töne der letzten Alben zu vereinen scheint.
Die sanft melancholischen Klänge der neuen Platte können, auch ohne sie auf Albini zu beziehen, gleichwohl als Trauerarbeit verstanden werden. Mono gönnen sich mit „Oath“ (mal wieder) einen kammermusikalischen Klang samt Bläserensemble und fahren die typischen eruptiven Klangausbrüche zurück, ohne sie nicht hier und da aufblitzen zu lassen. Stattdessen überwiegen eine fast sphärische Stimmung und bewährtes Pathos. Die Gitarre (Fender!), die bewusst den Gesang ersetzt, sucht nach dem kathartisch-symphonischen Sound, der erleichternde Freiheit verspricht.
Anklänge an Ennio Morricone, Beethoven, Mahler sowie Sonic Youth oder My Bloody Valentine sind gewollt. Seitdem Dahm Majuri Cipolla 2019 am Schlagzeug sitzt, gibt es allerdings mehr treibende, tranceartige Rhythmen, die eher wie malerische Träumereien wirken denn wie klassische, an Metal orientierte Post-Rock-Studien. Fans des Genres könnten trotz filigraner Veränderungen den Eindruck eines More-of-the-same gewinnen.
Seit 2020 und der weltweiten Pandemie thematisieren Mono verstärkt die Begrenztheit des Lebens, Zeit und Vergänglichkeit, also ein Thema, das ohnehin zutiefst japanisch verwurzelt ist: Man denke an Sakura, das Kirschblütenfest, oder das von Tee-Meister Sen no Rikyū im 16. Jahrhundert eingeführte Konzept des Wabi Sabi, das Vergänglichkeit und verhüllte Schönheit verbindet. Der Song „Hourglass“ etwa bringt das Verklingen der Zeit buchstäblich zu Gehör. So fragt „Oath“ – gemäß der Aussage von Gitarrist Takaakira „Taka“ Goto – nach Ziel und Sinn des Lebens, nach Verlorenem und Gefundenem. Es mag deshalb kein Zufall sein, dass auch die Musik von Mono Patina ansetzt, vielleicht ein wenig Rost hier, da eine Schramme, dort eine Narbe, durch die fragile Schönheit schimmert.